2095. Ich sitze neben meinem Holographen. Vor mir baut sich
das Bild einer wunderschönen Landschaft auf. Ein riesiges,
offensichtlich künstlich geschaffenes Areal. In einer Ecke des
Areals stehen Segelflugzeuge, bereit zum Start. Gleich daneben
erkenne ich eine Station für Heißluftballons. Mir war gar nicht
bekannt, dass man einem Ballon so schöne Formen geben kann.
Im Vordergrund schwebt ein Wohnhaus, gleich daneben ein
Fernsehturm. Das Ganze wird überragt von einer mit dem
Finger drohenden Figur. Offensichtlich ein Mann. Dunkler
Mischwald wird unterbrochen von idyllischen Seen, an denen
Kinder spielen. Ihre Mütter sitzen am Ufer in Grüppchen mit
anderen zusammen und unterhalten sich. Es wird viel gelacht.
Ganz am Ende des Areals steigt ein Sportler mit einem
Raketenrucksack auf in den Himmel. Ich verfolge ihn mit
meinen Blicken. Als er nur noch als ganz kleines Pünktchen
erkennbar ist, öffnet sich ein Fallschirm und er schwebt zurück
zur Erde.
Das alles ist eine perfekte Freizeitanlage. Manchmal wird die
Idylle allerdings gestört durch die Proteste einer
Bürgerinitiative. Sie kämpft gegen die Nutzung als
Segelflugplatz. Vor allem die Bewohner in den Flugschneisen
der Segelflugzeuge sind der Meinung, dass das Rauschen des
Windes in den Flügeln einen unzulässigen Lärm verursacht.
Außerdem ist nicht geklärt, was denn eigentlich passiert, wenn
es plötzlich keinen Wind mehr gibt und ein Segelflugzeug
abstürzt.
Es sollen Antigravitationspumpen aufgestellt werden, die den
Sturz abfangen.
Allerdings hat sich da eine Bürgerinitiative mit dem Namen:
„Freie Bürger gegen Antigravitation“ gegründet. Sie kämpft
vehement gegen die Segelflugzeuge und die
Antigravitationspumpen.
Ich erinnere mich an meinen Geschichtsunterricht. Dieses
Gelände sollte einmal der Großflughafen „Berlin/Brandenburg
International“ werden. Vor 110 Jahren wurde mit dem Bau
begonnen. Jetzt endlich, vor 5 Jahren, wurde er fertig und die
Anlage eröffnet. Doch es ist kein Großflughafen geworden und
das International im Namen bezieht sich auch nur darauf, dass
Segelflugzeuge aus aller Welt hier Übungsflüge absolvieren
können. Naja, ist doch wenigstens was!
Ich zappe durch das Programm meines Holographen. Dabei
erregt ein Beitrag sofort meine Aufmerksamkeit.
Eine Firma „Zeitreisen gbR“ stellt sich vor.
Richtig, neulich habe ich mich mit einem Freund darüber
unterhalten. Der erzählte von der Möglichkeit durch die Zeit zu
reisen. Ich konnte das nicht glauben und habe natürlich die
ganze Sache für einen blöden Scherz gehalten.
Doch nun? Scheint ja doch wahr zu sein!
Sofort schreibe ich mir die Telefonnummer auf:
026835697030 / 5548217635889213785686340759.
Am nächsten Tag rufe ich an und erhalte erst einmal die
Auskunft:
„Zeitreisen gbR, leider rufen sie außerhalb unserer Geschäftszeit
an. Wir sind für sie von Montag bis Freitag in der Zeit von 08.55
– 09.05 Uhr intergallaktischer Zeit erreichbar. Vielen Dank für
ihren Anruf!“
Das Ganze wird dann in den 68 wichtigsten Sprachen
wiederholt. Gut, aber ich bleibe dran!
Am späten Nachmittag versuche ich es erneut. Wieder diese
Stimme von heute früh. Richtig, ist ja erst morgen wieder
möglich.
Am nächsten Tag pünktlich 08.55 Uhr intergalaktischer Zeit
rufe ich an. Am Apparat die bekannte Stimme. Dieses Mal fragt
sie mich ab:
„ Guten Morgen! Haben Sie eine Frage, dann drücken sie die 1.
Haben sie keine Frage, dann drücken sie die 2 und legen wieder
auf.“
Ich drücke die 1.
„Vielen Dank für ihre Antwort. Sind sie männlich, dann drücken
sie die 1. Sind sie weiblich, dann drücken sie die 2. Trifft beides
nicht zu, dann drücken sie „?“.“
Ich drücke die 1.
„Danke für ihre Antwort. Haben Sie lange Haare, dann drücken
sie die 1. Haben sie kurze Haare, dann drücken sie die 2. Haben
sie gar keine Haare, dann drücken sie die 3.“ Ich drücke die 3.
„Danke für ihre Antwort …“
Der Dialog mit der Stimme dauerte ungefähr 40 Minuten
intergalaktischer Zeit. Am Ende höre ich ein Knacken in der
Leitung und eine freundliche Frauenstimme sagt:
„Leider rufen sie außerhalb unserer Geschäftszeit an. Bitte
versuchen sie es morgen erneut.“
Ich bin am Ende meiner Geduld. Jetzt erst einmal einen Becher
eiskalten Mondnelkennektar.
Am nächsten Tag versuche ich es erneut. Als sich gleich beim
ersten Versuch jemand meldet, bin ich richtig erschrocken.
„Guten Morgen. Mein Name ist Claudia Maria Sophie
Lewandowski-Kunz-Laschewski-Hübner schnarrt sie herunter.
Womit kann ich sie denn beglücken?“
„Guten Morgen, ich habe ihre Werbung gelesen und wollte eine
Zeitreise unternehmen.“
„In die Vergangenheit oder in die Zukunft?“
„Vielleicht in die Zukunft?“
„Leider noch nicht möglich!“
„Schade, dann eben in die Vergangenheit.“
„Mit oder ohne Verpflegung?“
„Mit!“
„All inklusive, Vollverpflegung, Frühstück?“
Ich überlege kurz und entscheide mich dann für All inklusive.
„Einzelkabine, …“
Diese Mal sind es nur 25 Fragen, die ich beantworten muss.
Am Ende kriege ich noch mitgeteilt, dass es am 02.07.2095
losgeht. Ich soll mich mit festem Schuhwerk und wetterfester
Kleidung am Röslerring – Ecke Joshka – Fischer – Platz im
Willy – Brandt – Haus in der 98 Etage, Zimmer 152346 melden.
In den 14 Tagen bis zum Reisebeginn wächst meine Aufregung
täglich. Endlich 02.07.2095. Es geht los.
Im Willy – Brandt – Haus werde ich von einer freundlichen,
grauhaarigen Frau empfangen. „Sie wollen also eine Zeitreise
unternehmen?“ „Ja“, murmele ich. „Haben sie sich das auch gut
überlegt?“ „Natürlich!“
Meine Einweisung dauert ungefähr 2 Stunden intergalaktischer
Zeit. Mir schwirrt der Kopf. „So, dann legen sie mal alles was
sie bei sich tragen in dieses Fach – auch ihre Uhr!“
Wir verlassen den Raum und gehen einen langen Flur entlang.
Schließlich betreten wir einen runden, hellen Raum. An den
Wänden stehen allerlei geheimnisvolle Geräte in denen es
blubbert und brodelt. Mitten im Raum eine Kugel. Zu ihr führen
dicke Leitungen und Kabel. Die Tür steht offen und ich erkenne
einen Sessel, wie beim Zahnarzt. „Bitte sehr“, tönt es hinter mir.
Die Frau zeigt einladend auf den Sessel. Ich steige ein und setze
mich. Zwei Mitarbeiter in weißen Kitteln schnallen mich an. Als
sie fertig sind treten sie zur Seite. Die Frau kommt zu mir und
vergewissert sich, dass die Riemen richtig sitzen. Dann dreht sie
sich um und will gehen. Die Tür schon in der Hand dreht sie
sich noch einmal zurück und sagt: „Ach ja, die Maschine hat
manchmal ihre Tücken und funktioniert nicht richtig. Dann
verschwindet der Zeitreisende und kehrt nicht wieder zurück. Er
muss dann an seinem Zielort bleiben. Für diesen Mangel können
wir allerdings keine Haftung übernehmen!“
Mir ist schon alles egal. Die Tür schließt sich.
Vor mir auf dem Steuerpult blinkt in der oberen rechten Ecke
ein grünes Lämpchen. Daneben in der Mitte ist ein Tastenfeld
wie bei einem Computer, allerdings nur mit Zahlen. Rechts die
obligatorische Enter – Taste. Hier stellt man die Zeit ein und
bestätigt dann die Eingabe.
Wie war das jetzt? Ach ja! Mit den Zahlentasten wird
eingestellt, in Sekunden, wie lange man zurückreisen möchte.
Dann wird mit Enter bestätigt und es geht los!
Ich stelle 600 000 ein und drücke Enter.
Der Raum wird dunkel. Aus dem Hintergrund tauchen grelle
bunte Blitze auf und rasen an mir vorbei. Ein stechender Geruch
nach Ammoniak steigt mir in die Nase. Jetzt scheine ich in
einem Kaleidoskop zu sitzen.
Plötzlich wird es hell. Ich sitze auf einem Baumstumpf. Vor mir
steht ein kräftiger Mann mit langen Haaren und einem
schwarzen Bart bis auf die Brust. Er ist nackt bis auf ein langes
goldenes Bambusrohr, welches er zwischen den Beinen trägt.
Seine Augen schauen erst erstaunt und dann zunehmend
freundlicher. Schließlich füllen sie sich mit Tränen.
Er seufzt und aus tiefster Überzeugung sagt er: „Hallo, endlich!
Ich bin Detlef.“
Auch ich stelle mich vor.
„Hast Du Hunger?“
Er gibt mir ein großes Stück rohes Fleisch. „Mammutkeule.
Unheimlich lecker – eine Delikatesse. Schmeckt allerdings am
Besten mit Schachtelhalmsalat. Ich habe ja nicht mit Dir
gerechnet, darum ist er gerade alle! Kommst Du mich holen?“
„Wer bist Du denn?“ frage ich.
„Ich sagte doch, ich bin Detlef, Detlef Schulz. 2080 war ich
leitender Timetester in der Versuchsabteilung. Viele Reisen
habe ich schon unternommen. Bei meiner letzten ist allerdings
etwas schief gegangen. Ich landete auf einer schrägen Eisfläche
und rutschte in einen Abgrund. Dabei ist mein Reisesessel
zerschellt und ich wurde verletzt. Gott sei Dank haben mich
Einheimische gefunden und in ihre Siedlung gebracht. Der
Heiler hat mich dann mühevoll wieder gesund gepflegt.“
„Wo sind wir denn eigentlich und welches Jahr haben wir?“
„Siehst du die Schachtelhalmhütten dort? Das wird einmal
Berlin. Welches Jahr wir haben kann ich Dir nicht genau sagen,
aber sicher sind wir etwa 1 Million Jahre in der Vergangenheit!
Da kommen übrigens meine Freunde!“
Eine Gruppe von 10 Gestalten nähert sich uns vorsichtig. Sie
gehen leicht gebückt. Ihre Arme sind merkwürdig lang, ihre
Stirn flach. Alle sind nackt und tragen nur unterschiedlich lange
Bambusrohre zwischen den Beinen. Ganz offensichtlich
Männer. Der Größte trug einen Flaschenkürbis zwischen den
Beinen.
„Das ist der Sippenälteste, sozusagen der Chef“, raunt mir
Detlef zu. „Du kannst übrigens ruhig laut sprechen. Sie
verstehen uns nicht. Eine wirkliche Sprache haben sie noch
nicht entwickelt. Ich bin gerade dabei sie im Schreiben zu
unterrichten. Bisher grunzen und schnalzen sie nur, das aber mit
einem gewissen System. Sie verstehen sich jedenfalls.“
Mir wird ganz schlecht von dem rohen Mammutkeulenfleisch.
Das lasse ich mir aber nicht anmerken.
Die Sippenleute mustern mich eingehend und grunzen und
schnalzen aufgeregt vor sich hin. „Sie finden dich toll und
staunen, dass du so dick bist. Auch dass du auf dem Kopf keine
Haare hast finden sie verblüffend, “ übersetzt Detlef. „Sie
denken auch, dass du eine sehr komische Haut hast. Sie haben ja
keine Ahnung, dass das ein Anzug ist. Ich glaube, du wirst auch
ein Bambusrohr tragen müssen.“ „Auf gar keinen Fall. Das
kommt gar nicht in die Tüte. Ich trage kein Bambusrohr. Sollen
sie doch denken was sie wollen, mir doch egal.“
„Sag mal, haben sie denn gar keine Frauen?“ „Doch, die
verstecken sie aber vor Fremden! Sie haben Angst, dass sie
geraubt werden. Hier werden blutige Kriege zwischen den
Sippen um eine Frau geführt. Unglaublich, vor allem dass sich
das bis in die Neuzeit gehalten hat. Es hat mich immer
gewundert wenn Frauen mit langen schwarzen Gewändern und
verhüllten Gesichtern bei brütender Hitze neben ihren luftig
gekleideten Männern herliefen. Wie Du siehst stammt das
wahrscheinlich noch aus dieser Zeit. Jetzt aber zeige ich dir das
Lager.“
Wir spazieren durch die Gegend. An einer Schilfhütte steht „Raz
Faz“. Das ist der Friseur. Als nächstes betreten wir eine riesige
Schilfhütte. In großen Regalen stehen Steinplatten mit
merkwürdigen Zeichen bedeckt. „Das ist die Bibliothek“, lässt
Detlef wissen.
Gleich daneben sitzt ein über und über mit Staub bedeckter
kleiner Mann vor einer großen Steintafel hämmert er mit einem
Steinmeißel auf der Tafel herum. Hin und wieder fällt auch ein
Splitter ab. Er lächelt dann glücklich und nickt mit dem Kopf.
Detlef erklärt mir: „ Das ist unser Heimatdichter. Er meißelt
gerade an seiner Autobiographie. Interessant kann ich dir sagen.
Er hat schon viele Geschichten gemeißelt.“ Ich komme aus dem
Staunen nicht heraus.
„Siehst du dort vorn die Berge? Das sind die Müggelberge und
der See davor ist der Müggelsee. Jedenfalls werden die
Menschen die Gegend einmal so nennen. In den Bergen sind
viele Höhlen mit allerlei Raubtieren. Höhlenbären,
Säbelzahntiger, riesige Fledermäuse mit einer Flügelspannweite
von über einem Meter. Die hauen dich glatt um, kann ich dir
sagen!“
Ich bin restlos bedient und will jetzt gar nichts mehr hören. Die
Lider werden mir schwer. „Wo kann ich denn eigentlich
schlafen?“ „Komm. ich zeige es Dir!“
Wir laufen ein ganzes Stück in Richtung der Müggelberge.
Endlich erreichen wir eine komfortabel aussehende Schilfhütte.
Im Inneren steht eine Liege mit Fellen gepolstert. „Bitte sehr.
Duschen kannst du dort.“ Das höre ich aber schon nicht mehr.
Ich bin sofort eingeschlafen.
In dieser Nacht träume ich furchtbare Dinge von Höhlenbären
die mit Säbelzahntigern kämpfen und von riesigen
Fledermäusen angegriffen werden. Ich träume, dass mich ein
riesiger Höhlenbär angreift. Er läuft auf mich zu, doch ich kann
ihn mehrmals abschütteln. Jetzt hebt er seine gewaltige Tatze
und lässt sie mir auf die Schulter fallen.
Ich schlage die Augen auf. Neben meinem Bett steht Detlef:
„Kommst Du? Frühstück ist fertig!“ „Bitte keine Mammutkeule.
Da ist mir gestern ganz schlecht von geworden!“ „Nein, wir
hatten noch ein Archaeopteryxei. Davon haben wir Spiegelei für
die ganze Sippe gebraten. Das Ganze wundervoll angerichtet auf
einem Höhlenbärensteak. Was glaubst Du, was das für eine
Delikatesse ist.“
„Hoffentlich vertrage ich das besser als gestern das
Mammutfleisch!“
„Das glaube ich schon. Den Höhlenbären haben sie erst gestern
erlegt. Das Mammut war schon etwas älter und musste weg!“
Über dieses Geständnis war ich dann doch etwas erschrocken.
Doch er hatte recht. Das Spiegelei war köstlich. Um mich herum
saß die ganze Sippe und schmatzte und zischte. Hin und wieder
kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Einzelnen. Ich
zuckte dann jedes Mal erschrocken zurück. Detlef hat das
natürlich gemerkt. „Das darfst Du nicht so verbissen sehen.
Ihren Futterneid konnten ich ihnen in der kurzen Zeit, die ich
hier bin noch nicht abgewöhnen. Das gelingt mir aber auch
noch!“
„Heute werden wir eine Fahrt zum Müggelsee machen. Mittags
soll es Früchte des Waldes geben. Da freue ich mich schon
drauf, obwohl ich mich erst daran gewöhnen musste. Am
Nachmittag zeige ich Dir unser Shoppingcenter. Abends wird
dann gefeiert. Hier wird eigentlich jeden Tag etwas gefeiert. Mal
sehen was heute Abend der Anlass ist!“
Es war so etwa 10.00 Uhr glaube ich. Ein seltsames Gefährt
holperte um die Ecke. Es bestand aus einem Steinkasten mit
Sitzen. Unten sah man allerdings statt Rädern, zwei kräftige
Beine vorschauen. Die Sitze waren mit Lianen versehen. Vorn
befand sich ein riesiger Kopf. Der Hals war so lang wie eine
Deichsel, nur etwas dicker. Direkt hinter dem Kopf saß ein
langarmiger Kerl und hielt in jeder Hand ein Büschel mit
Barthaaren. „Das ist Krrt, unser Fahrer!“ Wir stiegen auf und
nahmen auf den Sitzen Platz. „Du musst Dich mit den Lianen
am Sessel festbinden. Wirst gleich sehen warum.“ Ich tat also
was Detlef gesagt hatte. „Alles klar?“ Ich nickte! Daraufhin gab
er dem Fahrer ein Zeichen. Der zog an den Barthaaren in seinen
Händen, stieß einen Urschrei aus. Das Gefährt bäumte sich auf
und es ging los. Nach einer Sekunde wusste ich, warum ich
mich anbinden sollte. Unser Fahrzeug hüpfte, ja es hüpfte. Jeder
Sprung war 5 m hoch und vielleicht 10 m weit. Nach hundert
Metern begann ich zu bereuen, dass ich in die Vergangenheit
gereist war und hoffte, dass ich das alles überleben würde.
Ich war so mitgenommen, dass ich vom Müggelsee nicht viel
mitbekommen habe. Ich wollte nach Hause.
Der Rückweg gab mir dann fast den Rest.
Es war Mittagszeit. Wir begaben uns zu der großen Speisehütte
in der Mitte des Lagers. Sie war mit Steinquadern vollgestellt,
allerdings ohne Stühle. Wir setzten uns auf die Erde. Auf jedem
Quader standen an den Plätzen mittelgroße Steinschüsseln und
in der Mitte eine große Steinschüssel. Außerdem lag auf jedem
Platz ein seltsamer länglicher Gegenstand. Er sah aus wie eine
Klammer. Auf den Tischen lagen keine Bestecke.
Ich sah Detlef fragend an. „Das ist eine Nasenklammer. Die
steckst Du auf. Gegessen wird mit den Fingern!“
„Aha!“
Die „Früchte des Waldes“ wurden auf großen Tabletts serviert.
Ich erstarrte. Auf den Tabletts lagen große rechteckige
Fleischstücke. Sie hatten eine tiefdunkelbraune Farbe und waren
knusprig. Allerdings verbreiteten sie einen höllischen Gestank.
Ich setzte mir die Nasenklammer auf. „Der Gestank kommt von
der langen Lagerung. Das Fleisch muss immer noch mehrere
Wochen reifen. Schmeckt aber ausgezeichnet.“
Mit spitzen Fingern nahm ich ein Stück und biss eine kleine
Ecke ab. Das Fleisch war ganz zart und schmeckte vorzüglich.
Schnell vergaß ich den Gestank und aß mich satt.
„Möchtest Du Mittagsruhe halten?“ „Nein, lass uns ins
Einkaufscenter gehen.“
Das Center war etwas abseits gelegen und bestand aus einer
riesigen Höhle. In langen Reihen standen Steinquader an
Steinquader. Hinter jedem ein freundlich lächelnder Nackter mit
dem obligatorischen Bambusrohr zwischen den Beinen. In einer
Ecke des Raumes stand eine Kugel, die mich an die
Zeitmaschine mit der ich gereist war erinnerte. Detlef bekam
leuchtende Augen. Wir gingen näher. Tatsächlich! Auf einem
Sessel lag die Frau, die mich eingewiesen hatte. „Das wird aber
auch Zeit, dass sie kommen! Was war denn los? Sie waren
plötzlich verschwunden. Ich hatte Ihnen doch gesagt, die Enter-
Taste nur Sekunden drücken.“ „Ich habe verstanden, die Zeit in
Sekunden eingeben!“ Die Frau verdrehte die Augen und
schüttelte den Kopf.
Sie wendete sich an Detlef. Langsam kam ein Lächeln in ihr
Gesicht. „Detlef? Ja Detlef – Du lebst? Wir vermissen Dich seit
Jahren.“ „Ich hatte bei der Ankunft einen Unfall und musste
bleiben!“ Schnell erzählte er seine Geschichte. Die Frau lauschte
gebannt.
„Und jetzt, soll ich Dich mitnehmen?“ Detlef dachte nach.
Schließlich schüttelte er den Kopf: „Nein, ich kann hier nicht
weg. Ich werde gebraucht! Aber grüßt alle, die mich noch
kennen. Gelegentlich könnt ihr mich ja besuchen. Vielleicht
machen wir ein Touristenzentrum auf?“
Wir verabschiedeten uns voneinander und stiegen in die Kugel.
Da nur ein Sessel in der Kugel stand, musste die Frau sich auf
meinen Schoß setzen – auch nicht schlecht stellte ich fest. Ich
drückte Enter. Vorsichtshalber hatte die Frau die Zeit eingestellt
und wir landeten wieder in dem Raum im Willy – Brandt – Haus
Meine Erleichterung war groß, als ich wieder auf dem Joschka –
Fischer – Platz stand.
Ich dachte bei mir, dass mir dieses Abenteuer kein Mensch
glaubt, wenn ich das heute Abend erzähle. Mal sehen!
Jedenfalls bin ich geheilt. Nie wieder eine Zeitreise.